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21 years ago
p3k dots

Ein Interview zum Thema Antville. Thomas König (malmoe) fragt, Tobi Schäfer antwortet. (zusätzliche Links von p3k.)

1. Eckdaten: Wann wurde die Idee zu dem Projekt geboren, wann und wie wurde es aus der Taufe gehoben, was und wie waren die ersten Schritte? (Dazu bitte auch den technischen Hintergrund, also welche Applikation stand zur Disposition?)

Diesen Teil der Geschichte kann ich nicht so gut nacherzählen.

Ich war nicht von Anfang an dabei, aber es muss wohl vor zweieinhalb Jahren gewesen sein, als Robert Gaggl und Hannes Wallnöfer die Idee hatten, eine typische Beisl-Idee, wie man mir erzählte. Robert hat dann diese recht zügig umgesetzt und eine erste Version war nach ca. einem halben Jahr (schätze ich) fertig.

Technischer Hintergrund war die Erprobung der Software Helma Object Publisher (kurz Hop) unter "realen" Bedingungen, ie. viel Traffic, viele Benutzer usw. Es wurde daher nie ein anderes Werkzeug in Betracht gezogen.

2. Was ist die Zielsetzung von antville.org?

Zum einen das oben erwähnte Testen von Hop, zum anderen ging es wohl um Weblogs für alle, Verbreitung des "Easy-Publishing"-Gedankens usw.

3. Würdest du sagen, antville.org ist ein im Netz einzigartiges Projekt? Warum? (bzw. wenn nein, welche anderen ähnlichen Projekte gibt es?)

Mir sind im deutschsprachigen Raum keine ähnlichen Projekte bekannt. Einzigartig ist Antville aber sicher nur in bezug auf den individuellen Charakter.

Antville ist als Open-Source-Projekt konzipiert, hat aber m.E. nicht jene "geeky" Ausstrahlung, die man in diesem Bereich sonst präsentiert bekommt, was ich recht angenehm finde. (das kann aber auch am eigenen Scheuklappenblick liegen.)

Fluch daran ist andererseits, dass es einfach viel zu wenige Entwickler für Antville gibt.

4. Welche Rolle spielt twoday.net für antville.org bzw. für euch?

Für Antville.org war es eine Form von Entlastung, weil nun Antville-Interessierte endlich wieder eigene Weblogs erstellen können. Es sollte vermutlich mehr solcher Sites geben. Schließlich bleibt zu hoffen, dass Erfahrungen aus diesen Projekten wieder in Antville einfließen und das Projekt bereichern.

5. Auf der Website von antville.org, aber auch von henso.com, ist eine gewisse Anonymität der/des Admins nicht zu übersehen. Woher diese Zurückhaltung?

Die Frage verstehe ich nicht ganz. Henso.com ist ein privates Weblog, wenn nicht personell so doch inhaltlich völlig unabhängig von Antville.org.

Dass auf Antville.org und in bezug auf die Software Antville viele wichtige Informationen vorenthalten bleiben (gerade in Sachen Selbstdarstellung im positiven Sinn) hat nur ein wenig mit Zurückhaltung zu tun, viel mehr aber mit Nachlässigkeit bzw. fehlenden Ressourcen. Ich gelobe Besserung.

6. Was sind weblogs?

Zum einen Internet-Tagebücher, zum anderen Websites, die das nicht wahr haben wollen. Zumindest ist das mein derzeitiger Eindruck. Mir hat zeitweise der Begriff "Filter" besser gefallen, aber mittlerweile gilt einfach das W-Wort. Es drückt den Sachverhalt ja eigentlich auch ganz gut aus.

Mir dient mein Weblog als Behälter für Orte im Netz, die mir aufgefallen, eingefallen oder aus irgendeinem Grund interessant und wichtig sind. Der Begleittext dient zur Orientierung und dem Wiederauffinden. Insofern erfüllt dieses Weblog eine Meta-Funktion, nämlich genau jene Sites (oder URLs) aus dem Gesamtfundus zu filtern. Wie die Grießnockerln aus der Suppe. Metafilter.com, ein wichtiges Weblog, trägt diese idee schon im Namen. Aber sie hat sich m.E. eben nicht durchgesetzt (was aber nicht weiter tragisch ist, weil das Netz eine prima Nischenfunktion erfüllt.)

7. Was unterscheidet antville.org von blogger.com (die Antwort darf ruhig sehr technisch ausfallen, wenn ich es nicht mehr verstehe, frage ich nach ;-)

Hauptunterschied: Antville.org publiziert die Weblogs auf einem zentralen Server, Blogger per FTP auf jedem beliebigen Rechner. (Seit einiger Zeit gibt es aber BlogSpot, ie. auch einen zentralen Server für Blogger.)

Weitere Unterscheidungsmerkmale sind die Features. Blogger ist in Bedienung und Komplexität sehr einfach gehalten, in Leistung und Möglichkeiten aber sehr vielfältig. Antville ist umfassender (Site-Gestaltung durch sog. Skins, customizable Story-Erweiterungen, Bild-Upload, Polls, User-Verwaltung usw. – alles integriert), aber dennoch recht einfach zu bedienen.

Ach ja, und Antville.org wartet noch auf einen Käufer wie google ;->

8. Würdest du die These unterstützen, dass Wien nicht unbedingt zufällig Ort der technischen Innovation der Weblogs zumindest (so aus meiner Sicht) im deutschsprachigen Raum ist? Und wenn ja: warum ist Wien ein solcher innovativer Brainpool geworden?

Wie so oft fanden sich die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Helma.at hat schon 1998 die Weblog-Idee propagiert, die meisten Leute dahinter sind heute eben immer noch an ihr interessiert, bzw. in demselben Umfeld tätig: aus dem kollaborativen Weblog wurde die Software Helma Object Publisher und damit rennt nun eben Antville.

Dennoch ist es unbestreitbar, dass sich in Wien ein besonders fruchtbarer Boden für Weblogs befindet. Ich selbst finde ja überhaupt die hiesige "Web-Kultur" als eine viel ausgereiftere als z.B. die in Deutschland. Man hat hier viel eher erkannt, dass das Web primär ein textuelles Medium ist und sogar große österr. Sites haben diese Erkenntnis angewandt.

Nicht zuletzt ist Franz Manola ein großer Weblog-Aficionado. Wir warten allerdings immer noch mit Spannung auf sein eigenes Weblog...

9. [eigentlich: 8a] Was tragen die kommunal geförderten "creative industries" zur Situation von antville.org als Projekt bei?

Rien.

10. In seinem Artikel schreibt der Autor M. Hammerschmitt, dass eure Server-Spendenaktion "ein gelungenes Stück Sozialarchitektur" darstelle - stimmt ihr der von Hammerschmitt gemachten Behauptung, dass weblog communities wie gerade antville.org eine zeitgenössische Auflage der Utopie vom freien Kommunizieren sind? Und wie seht ihr die von H. angeschnittene ökonomische Begrenzung?

Thesen, wie die hier hinterfragten, entziehen sich leider meinem Erkenntnishorizont.

Ich mache um die Bedeutung der Antville-Community außerdem gern einen Bogen. Mittlerweile hat die Verwaschung der Begriffe Antville (die Software) und Antville.org (die Website, ergo die Community) zu gröberen Missverständnissen und verflixten Verkettungen geführt.

Das Betreuen der Community hat uns z.T. so sehr von der Weiterentwicklung der Software abgehalten, dass wir in Zukunft dieses innige Verhältnis zwischen den beiden Teilen aufweichen müssen.

Die für mich sowieso interessantere Community in Sachen Antville ist die der Entwickler. Da hat sich (aus der bereits erwähnten Nachlässigkeit und/oder des Ressourcenmangels) aber leider zu wenig getan.

11. Sind weblogs überhaupt die Innovation im Netz, als die sie jetzt dargestellt werden, oder sind sie nicht einfach eine konsequente Weiterführung dessen, was das Internet schon immer konnte: was früher Foren und Diskussionsgruppen machten?

Ich meine eben nicht, dass ein Weblog unbedingt eine Diskussionsplattform darstellen muss, bloß, weil an vielen Weblogs Foren dranhängen. Aber selbstverständlich ist die Annahme der konsequenten Weiterführung goldrichtig. Aus meiner Sicht führen Weblogs direkt zu den originären Ideen Tim Berners-Lees zurück, knüpfen dort an und entwickeln sie weiter. Weblogs weichen somit stark von den Vorstellungen ab, die sich v.a. die "New Economy" vom WWW gemacht hat.

12. Womit erklärst du dir den Erfolg von antville.org?

Spass und Interesse an der Idee, Unermüdlichkeit an deren Ausbau sowie Idealismus in Form von Selbstausbeutung und in die totale Abhängigkeit führender Hingabe sowohl seitens der Entwickler als auch bei den Usern führten soweit zu einem Zustand guten Gelingens.

13. Ist abschätzbar, wie oft eure Applikation von helma schon auf anderen Servern aufgesetzt wurde? Ist es weiters möglich, in "private"/nichtkommerzielle und kommerzielle Anwendung zu scheiden?

Ist vermutlich deshalb abschätzbar, weil es so wenige sind. Neben dem kommerziellen twoday.net gibt es noch eine Hand voll weiterer Installationen, von denen man ab und an hört (letztens ein Schweizer Radio-Sender). Ich bin da aber auch nicht immer auf dem Laufenden.

14. finally: Was sind deine Perspektiven von weblogs? Und was sind die von antville.org (durchaus in Bezug auf Frage 2)

Weblogs are here to stay. Verständnis dafür wird nicht schneller ins kollektive Bewusstsein sickern als jenes für andere Medien. Antville wird diesen Umstand begleiten. Und hoffentlich eines Tages ein echtes Open Source Projekt.

15. Was sagst du zu dieser Konferenz: blogtalk.net ?

Eine Weblog-Konferenz ohne Entwicklerschwerpunkt und daher sicher nicht ohne Phantomschmerzen. Nichtsdestotrotz mit einigen interessanten Beiträgen, die es lohnen hinzugehen.